

Der Huf
Ein Wunderwerk der Natur.
Hufmechanismus
Der Huf ist das “Produkt” einer Jahrmillionen währenden Entwicklung der Natur. Er ist wie das Pferd optimal an die Bedingungen im natürlichen Lebensraum Steppe angepasst. Aus Beobachtungen wild lebender Pferde weiß man, dass es gelegentlich zu Todesfällen aufgrund von Beinbrüchen u. ä. kommt. Von Huferkrankungen, wie wir sie von unseren “Hauspferden” kennen, wird jedoch nichts berichtet. Sehr wohl gibt es aber Berichte, dass innerhalb kürzester Zeit genau diese Huferkrankungen auftreten, wenn Wildpferde zur Reduzierung der Bestände eingefangen und bis zur Weitervermittlung auf kleinen Terrains gehalten werden. Dies ist der klare Hinweis darauf, dass Huferkrankungen im direkten Zusammenhang mit dem menschlichen Einfluss stehen. Daher muß man sich, um Pferde und Hufe gesund zu erhalten, an den natürlichen Lebensbedingungen des Pferdes orientieren. Bezüglich Hufe heisst das, nur barhuf kann der Huf gesund bleiben oder wieder gesund werden. Denn in der Natur laufen Pferde täglich mehr, als der größte Teil unserer “Hauspferde”. Und das auf harten, abreibenden Böden und ohne Hufschutz. Zentraler Punkt für die Hufgesundheit ist der Hufmechanismus. Hierunter versteht man die Tatsache, dass sich der Huf bei Belastung spreizt und bei Entlastung wieder zusammenzieht. Diese Formveränderung der Hufkapsel ist notwendig für die drei Funktionen des Hufes: 1. Schuh 2. Stossdämpfer 3. Pumpe Wenn der Hufmechanismus zum Beispiel durch permanenten Hufschutz, unphysiologische Hufform oder Bewegungsmangel eingeschränkt ist, hat dies unmittelbar negative Auswirkungen auf Huf und Pferd. Es kommt zu Erkrankungen des Bewegungsapparates. Aber auch Muskelprobleme, Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems bis hin zu Stoffwechselstörungen haben ihre Ursache häufig in nicht funktionierenden Hufen. Für die Heilung von Hufproblemen reicht es aber nicht aus, die Hufe in regelmäßigen Abständen zu korrigieren, sondern es müssen alle Faktoren, welche auf das Pferd einwirken optimiert werden. Das heißt: Haltung - Ernährung - Bewegung sind massgeblich hierfür. Der oft gehörte Einwand, dass unsere domestizierten Pferde ja gar nicht mit diesen gleichgesetzt werden können, greift dabei nicht, denn alle wild lebenden Pferde (Mustangs, Brumbies, Namibpferde u.s.w.) sind die Nachfahren verwilderter Hauspferde. Stimmen diese Faktoren, wobei die Bewegung einen zentralen Punkt einnimmt, und werden die Hufe in, dem Hufzustand, angepassten Intervallen (zwei bis maximal sechs Wochen) korrigiert, sind prinzipiell alle Huferkrankungen heilbar. Das heißt, die Pferde sind in Rahmen ihrer natürlichen Leistungsfähigkeit ohne permanenten Hufschutz reitbar und zwar auf allen Böden. Zusätzlich zur Optimierung der oben genannten Faktoren kann es sinnvoll oder erforderlich sein, begleitende Therapien wie Akupunktur, Ostheopathie, Dorntherapie, Homöopathie u. a. anzuwenden.


Stossdämpfung
Der Huf ist nicht die einzige stossdämpfende Struktur am Pferdebein, hat aber einen wesentlichen Anteil. ELASTISCHE HUFBEINLAGERUNG / -AUFHÄNGUNG Das Hufbein ist mittels der Blättchenschicht elastisch mit den Wänden verbunden. KAPSELSPREIZUNG Durch die Spreizung der Hufkapsel gegen den Bodenwiderstand wird Bewegungsenergie in Verformungsenergie umgewandelt. Hierbei wird Wärme frei gesetzt, die wiederum für die Aufrechterhaltung des Stoffwechsels wichtig ist und einer Auskühlung des Blutes in den Extremitäten entgegenwirkt. Der Stoffwechsel kann nur in einem sehr engen Temperaturbereich optimal funktionieren, daher müssen warmblütige Säugetiere ihre Körpertemperatur konstant halten. GETEILTE HUFKNORPEL Im Gegensatz zum Mehrzeher, der eine kompakte Knorpelmasse an jeder Zehe hat, ist der Hufknorpel beim Equiden geteilt in zwei seitliche Hufknorpel, die die Spreizung unterstützen. ABWECHSELN VON WEICHEM UND HARTEM HORN Im Aufbau der Hufkapsel wechseln weiches und hartes Horn ab, was eine erhöhte Elastizität darstellt. EIGENELASTIZITÄT DER RÖHRCHEN Die Wandhornröhrchen sind wie Spiralfedern in sich elastisch aufgebaut, sodass sich die Hufwand punktuell verformen kann. Dadurch ist die Kapsel punktuell elastisch und es können zum Beispiel kleinere Bodenunebenheiten ausgeglichen werden. ABROLLEN Das Pferd fusst zuerst mit dem Ballen, dem Strahl und den Trachten auf, um dann über die Seitenwände und die Zehe, mit der Unterstützung des Hufknorpels, abzurollen.
Schuh
SCHUTZ GEGEN ÄUSSERE EINFLÜSSE Das Hufhorn hat gute Temperaturisolationseigenschaften. Es schützt sowohl gegen Kälte als auch gegen Hitze, sodass die Temperatur im Hufinneren konstant bleibt. Die dicke und stabile Hornschicht schützt die inneren Strukturen vor mechanischer Schädigung von aussen (z.B. Steine). Gleichzeitig dient er als diffiziler Tastsinn (Sensor für den Untergrund). SICHERES FUSSEN AUF JEDEM BODEN Auf weichem Boden bekommt der Huf durch die Eckstrebenrutschbremsen, die schrägen Wände und die Keilform des Strahls seinen Griff. Auf hartem Boden durch die Reibung des Harthorns, die gummiartige Konsistenz des Strahlhorns und die punktuelle Elastizität des Wandhorns. SENSOR FÜR UNTERGRUND Besonders die Lederhaut im Bereich des unteren Hufbeinrandes ist sehr gut innerviert, sodass das Pferd durch die Sohle den Untergrund fühlen kann. Daher ist es normal und sinnvoll, wenn ein Pferd ggf. auf steinigem Boden vorsichtiger läuft als auf Wiesenboden. Die Verletzungsgefahr durch Umknicken oder auf spitze Steine treten, ist auf Schotter wesentlich höher als auf Gras. Auch eine Form von Stolpern verhindert Verletzungen, wenn das Pferd z.B. beim Aufsetzen merkt, dass es auf eine Kante oder einen spitzen Gegenstand treten würde und im letzten Moment den Huf wegzieht und woanders absetzt. Würde es den Huf nicht umsetzen, bestände erhöhte Verletzungsgefahr durch Umknicken. AUSSCHEIDEN VON EIWEISS ZUR HORNBILDUNG Da für die Hornproduktion am Huf ständig Eiweissstoffe benötigt werden, ist der Organismus darauf eingestellt, dass ständig entsprechende Mengen Eiweisse über den Huf bzw. die Huflederhaut ausgeschieden werden. Wenn der Stoffwechsel (=Durchblutung) im Huf allerdings herabgesetzt ist (= Mangeldurchblutung in Folge von Bewegungsmangel, Beschlag usw.), wird hier weniger Eiweiss ausgeschieden und andere Organe im Körper müssen diese Aufgabe mit übernehmen. Das sind in erster Linie die Ausscheidungsorgane Leber und Niere, die so mehr belastet werden. ABNUTZUNG Abnutzung des Horns in der Zehenregion findet statt durch Abstossen, Abrollen, Scharren, Schlurfen etc. Abnutzung im Seiten- und Trachtenbereich findet in erster Linie durch den Hufmechanismus (Kapselspreizung) statt. Ausserdem passt sich das Hornwachstum an die jeweilige Belastung an.


Hufpumpe
BLUTPUMPE Bei belastetem Huf wird die Hufkapsel gespreizt und die Lederhaut zwischen Hufbein und Hufkapsel auseinander gezogen. Hierdurch werden die in der Huflederhaut befindlichen Blutgefässe geweitet und können sich vermehr mit Blut füllen. Zusätzlich entsteht bei der Weitung der Blutgefässe ein Sog, welcher die Füllung unterstützt. Auch werden die Digitalarterien bei Belastung vom Kronbein abgeklemmt und das Blut in den Huf gedrückt. Bei Entlastung wird die Hufkapsel wieder eng und drückt das Blut aus der Huflederhaut nach oben in das venöse Kronrandgeflecht, welches als Zwischenspeicher fungiert. Dieses wird bei der nächsten Stützbelastung des Hufs im seitlichen Kronbereich durch den Druck der Hufknorpel und im vorderen Kronbereich durch den Druck des Kronbeins in der Abfussungsphase geleert. Das Blut wird in die höher liegenden Venen gepumpt, in denen durch die Venenklappen ein Rückfluss verhindert wird. In der Belastungsphase des Hufs findet also gleichzeitig Blutzufuhr und Blutabfluss statt. Die Blutpumpe ist unerlässlich für die optimale Nährstoffversorgung des Hufes (und damit für ein gutes Hornwachstum), sowie die Durchblutung des Pferdebeins unterhalb des Fusswurzelgelenks, da das Pferd hier im Gegensatz zum Menschen keine Muskulatur und somit auch keine Venenpumpe hat. Auch ist das gesamte Herz-/Kreislaufsystem auf die Unterstützung durch die Hufpumpen eingestellt. HUFPUMPE Die Pumpfunktion des Hufs ist aber nicht alleine auf das Blut beschränkt, sondern wirkt auch auf das Lymphsystem und die Füllung der Sehnenscheiden. Dies macht sich bei Boxenpferden z.B. morgens durch angelaufene Beine bemerkbar. Besonders deutlich wird die weitergehende Pumpfunktion des Hufs bei Hufabszessen. Eine typische Begleiterscheinung hierbei ist das deutliche Anlaufen des Beins, auch wenn sich die Pferde im Offenstall befinden und bewegen.